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Homepage > Aktivitäten > Optik > Farben > Mit al-Farisi den Regenbogen erkunden

Icon - stylisiertes Auge

Die Regentropfen und das Licht –
Mit al-Farisi den Regenbogen erkunden

Autoren:
Publikation: 23.5.2012
Lernstufen: 23
Übersicht:
  • Weißes Licht enthält unendlich viele Farben.
  • Regentropfen zerlegen weißes Licht. Wer einen Regenbogen beobachten will, muss mit dem Rücken zur Sonne stehen und auf den Regen schauen.
  • Farbiges Licht verhält sich anders als Malfarben (siehe die Unterrichts­einheit "Körperfarben und Lichtfarben zusammensetzen").
Material:
  • Mit Wasser gefüllte Weingläser
  • Taschenlampen
  • Strahler- oder noch besser farbige LED‘s (rot, grün, blau)
Herkunft: La main à la pâte, Paris. Diese Unterrichtseinheit ist Teil des thematischen Projektes "Ent­deckungen in arabischen Schriften des Mittelalters", das auch als Buch erschienen ist: "Les découvertes en pays d'Islam", heraus­ge­geben von Ahmed Djebbar, Cécile de Hosson und David Jasmin, Verlag Le Pommier, 2009
Bewertung:
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Regenbogen sind nur unter ganz bestimmten Bedingungen zu sehen, und diese Bedingun­gen gilt es im Laufe dieser (überwiegend empirischen) Unterrichtsein­heit zu erforschen. Dazu begeben sich die Kinder auf die Spuren von Kamal al-Din al-Farisi [1], der im Mittel­alter auf Arabisch einen Text über die Entste­hung eines Regenbogens geschrieben hat. Für eine detailliertere Erklärung zur Entstehung des Regenbogens siehe "Der Regen­bogen" in der Rubrik Dokumen­tation/Optik.

Die Kinder werden im Laufe dieser Unterrichtseinheit herausfinden, wie Licht­quelle und Regentropfen/Regenwand in Bezug auf sie selbst positioniert sein müssen, damit man einen Regenbogen sehen kann. Sie werden entdecken, dass die Farbreihenfolge des Regenbogens stets die gleiche ist. Weiterhin werden sie einige ihrer Ausgangsvorstellun­gen revidieren können: Der Regen­bogen ist kein materieller Gegenstand, und er setzt sich auch nicht nur aus sieben Farben zusammen.

Für die Lehrenden

Farbe ist eine subjektive Wahrnehmung: Das Gehirn "interpretiert" das auf die Netzhaut (Retina) des Auges fallende Licht. Es gibt also keine Farbe "an sich"; Farbe ist die Reak­tion des Gehirns auf Impulse, die die Lichtrezeptoren des Auges (die Zapfen in der Netz­haut) über den Sehnerv ins Gehirn leiten. Wer verstehen will, wie die Farbwahrnehmung entsteht, muss sich mit Sehphysio­logie beschäftigen. Das Thema "Licht und Sehen" wird in der Unterrichtseinheit "Wie kommt es, dass man einen Gegenstand sehen kann? – Licht und Sehen" erkundet (ebenfalls aus der Reihe "Entdeckungen in arabischen Schriften des Mittelalters").

Wir betrachten das Licht als Welle, als "elektromagnetische Welle". Ein Charak­teristikum der Welle ist die Wellenlänge, die man in Nanometern (nm) misst (1 nm = 0,000 000 001 m; zur Veranschlaulichung der Größenord­nung: ein men­schliches Haar ist ungefähr 0,05 mm dick, das sind 50 000 nm), oder auch ihre in Hertz (Hz) gemessene Schwingungsfrequenz.

Anmerkung von Sonnentaler: Die Einheit Hertz beschreibt, wie oft etwas pro Sekunde hin- und herschwingt. Beispiele: Die Fre­quenz des Ruhepulses eines Erwachsenen beträgt 1 bis 1,25 Hz. Der Kammerton a entspricht einer Schwingungsfrequenz von 440 Hz. Mobilfunkfrequenzen (die von Ihrem Handy gesendet und empfangen werden) haben eine Frequenz zwischen 880⋅106 Hz und 960⋅106 Hz (D- und E-Netz). Im Mikrowellenherd schwingen Mikro­wellen mit einer Frequenz von 2,455⋅109 Hz. Sichtbares Licht ent­spricht Frequenzen von 400⋅1012 Hz (rot) bis 750⋅1012 Hz (vio­lett). Siehe auch "Das Spektrum des Lichts" in der Dokumentation.

Die Fotorezeptoren in unserem Auge sind empfindlich für elektromagnetische Wellen im Frequenzbereich 400⋅1012 Hz bis 750⋅1012 Hz. Anders gesagt: Wenn elektromagnetische Wellen mit Wellenlängen zwischen 380 nm (violettes Licht) und 780 nm (rotes Licht) auf die Netzhaut fallen, geben die Fotorezeptoren des Auges ein elektrisches Signal an die Nervenzellen ab, die es ans Gehirn weiterleiten. Dieses "sichtbare" Licht – nur das kann durch unseren Sehsinn wahrgenommen werden [3] – ist lediglich ein Teil des elektromagnetischen Spektrums [4]. Das Gehirn ordnet einer Wellenlänge (oder einem Wellenlängen­bereich) eine "Farbe" zu. Zum Beispiel nimmt man Wellenlängen von 400 nm bis 450 nm als Violett wahr. Man spricht von monochromatischem (einfarbigem) Licht, wenn das Auge nur eine einzige Wellenlänge empfängt. Das ist aller­dings praktisch nie der Fall. (Selbst Laserlicht zeigt eine "Linienbreite", eine Wellen­längen­verteilung über einen vergleichsweise kleinen Spektralbereich.) Man teilt vereinfachend das Spektrum des weißen Lichts in drei Frequenzbänder ein: das rote, das grüne und das blaue, und bezeichnet diese drei Farben als Grund­farben.

Menschen können eine ungeheure Vielzahl von Farben unterscheiden (ungefähr 10 Millio­nen). Die Netzhaut hat jedoch keineswegs ebenso viele für Farbe emp­findliche Fotorezepto­ren. Tatsächlich gibt es nur drei Sorten von sogenannten Zapfen (im Gegensatz zu den wesentlich häufigeren Stäbchen, mit denen man bei Dämmerung ein Bild in Grautönen sehen kann): Blau-, Grün- und Rotrezep­toren. Diese sind jeweils empfindlich für Wellenlängen in einem relativ breiten Bereich um

Trifft Licht auf einen Fleck der Netzhaut, so werden die dort sitzenden Rezep­toren – je nach Wellenlänge des Lichtes – mehr oder weniger stark angeregt. Die Rezeptoren senden über den Sehnerv entsprechend stärkere oder schwä­chere Signale an das Seh­zentrum des Gehirns. Jedes Verhältnis der Stärken dieser drei Signale bewirkt eine andere Farbempfindung – die "Farbe" entsteht also erst durch die Verar­beitung in unseren Augen und im Gehirn. In der Grund­schule kann man diesen Sachverhalt nicht behandeln. Soweit also nur in aller Kürze ein "theoretischer Hinter­grund" für die Lehrenden.

Wichtig ist, dass die Schüler zwischen Lichtfarben und Körperfarben (auch Gegenstandsfarben oder Materiefarben genannt) unterscheiden lernen (siehe auch die Unterrichtseinheit Körperfarben und Lichtfarben zusammen­setzen). Sie sehen Farbe in erster Linie als materielle Eigenschaft. Aber unsere Wahr­nehmung von Farbe ist das Ergebnis komplexer Gehirntätigkeit.

Wie ein Regenbogen entsteht und unter welchen Bedingungen er zu beobach­ten ist, steht ausführlich in der Dokumentation zum Regenbogen. Im Folgenden werden die wichtigsten Punkte zusammengefasst:

Erste Aktivität: Vorstellungen der Schüler zum Regenbogen

Die Schüler sollen spontan beschreiben, wie sie sich die Entstehung eines Re­gen­bogens erklären. In dieser Etappe entscheidet sich, wie die nachfol­genden Unterrichtsstun­den gestaltet werden. Die Lehrerin schreibt zum Beispiel an die Tafel: "Stellt einen Regenbogen so dar, dass ein anderer verstehen kann, wann er zu sehen ist". Jeder Schüler schreibt seine persönliche Vorstellung in sein Experimentierheft.

Aus den Darstellungen der Schüler ergeben sich Fragen:

Zu jeder Thematik (Farben im Regenbogen, zeitlicher Ablauf des Geschehens, Position von Sonne, Regen und Beobachter) heftet die Lehrerin die (zum Teil sicherlich wider­sprüchlichen) Zeichnungen der Schüler an die Tafel und lässt die Klasse über ihre Stichhaltigkeit diskutieren (Abb. 1). Die Schüler denken im Allgemeinen, dass es nur darauf ankommt, dass es regnet und dass die Sonne scheint. Dem Stand der Sonne am Himmel messen sie keine Bedeutung bei. Wohl aber diskutieren sie eifrig über die Position des Regenbogens in Bezug zum Regen. Ist der Regenbogen "im" oder "vor" dem Regen? Bemerkenswert ist, dass die Schüler von sich aus nie den Beob­achter zeichnen.

Schülerzeichnung: Wie entsteht ein Regebogen?

Abb. 1: Schülerzeichnung, 3. Klasse. Manche Zeichnungen stellen das Geschehen als zeit­lich aufeinanderfolgende Ereignisse dar. Diese Vorstellung wird diskutiert: In dieser 3. Klasse hat ungefähr die Hälfte der Schüler behauptet, Sonne und Regen müssten gleichzeitig da sein.

Aus dem, was die Lehrerin sagt (unter Umständen auch aus der Lektüre eines für Kinder geeigneten Textes) ergeben sich Antworten auf einen Teil der Fra­gen, besonders was die Farben betrifft: Es gibt nicht sieben Farben im Regen­bogen – es gibt viel, viel mehr. Meistens lassen sich allerdings nicht mehr als vier oder fünf unterschiedliche Farb­töne unterscheiden. Offene Fragen werden am Schluss der ersten Unterrichtsstunde auf ein Plakat geschrieben und in den nächsten Unterrichtsstunden behandelt. Die Fragen können zum Beispiel sein:

  1. Welches sind die Farben an den Rändern des Regenbogens? Erscheinen die Far­ben immer in der gleichen Reihenfolge?
  2. Unter welchen Voraussetzungen sieht man einen Regenbogen? Kann man im Klas­senzimmer einen Regenbogen beobachten?
  3. Kann man einen Regenbogen anfassen? Ist der Regenbogen ein mate­rieller Gegen­stand?
  4. Welche Vorstellungen zur Erklärung des Regenbogens haben Menschen im Lauf der Geschichte aufgeschrieben? Was ist von al-Farisi überliefert?

Zweite Aktivität: Im Klassenraum einen Regenbogen erzeugen

Um die drei ersten Fragen zu beantworten, brauchen die Schüler einen realen Re­genbogen. Nun ist ein Regenbogen in der Natur nicht alle Tage zu sehen. Die Lehrerin fragt die Schüler, ob sie eine Idee haben, wie man die Regenbogen­farben in der Klasse erzeugen könnte. Den Kindern ist inzwischen klar, dass sie dazu Wasser (Regen) benötigen, und Sonne, beziehungsweise Licht. Manche regen an, auf dem Schulhof in der prallen Sonne einen Wasserstrahl zu beob­achten. Wenn das Wetter mitspielt, lässt sich der Versuch gut machen. Andere wollen Licht durch Wasser in einem Glas schicken. Die Klasse wird in Vierer­gruppen aufgeteilt. Jeder Gruppe stehen ein mit Wasser gefülltes Weinglas (mit möglichst bauchigem Kelch) und eine Taschenlampe zur Verfügung. Der Klas­senraum wird verdunkelt, und jede Gruppe bemüht sich, die Regenbogenfarben herzu­stellen. Nach ein paar Minuten finden sie heraus, dass sich ein kleiner Regenbogen im Inneren des Wasserglases beobachten lässt.

Schema: Wie man einen Regenbogen im Wasserglas sehen kann

Abb. 2: Entstehung eines Regenbogens in einem Weinglas

Anmerkung von Sonnentaler

Man kann einen Regenbogen auch sehr gut folgendermaßen erzeugen: Man füllt Wasser in einen tiefen Teller und stellt ihn in die Sonne. Anschließend nimmt man einen kleinen Spiegel, taucht ihn schräg ins Wasser und orien­tiert ihn so, dass an einer Wand die Regenbogenfarben erscheinen. Es pas­siert Folgendes:

  • Das Sonnenlicht wird, wenn es ins Wasser dringt, gebrochen (das heißt: die Sonnenlichtstrahlen werden abgelenkt, siehe Absorption, Reflexion und Brechung), und zwar der blaue Anteil des weißen (also aus allen Farben bestehenden) Sonnenlichts mehr als der rote Anteil.
  • Der Spiegel reflektiert die einzelnen (farbigen) Sonnenstrahlen.
  • Beim Austritt aus dem Wasser werden die Strahlen ein zweites Mal gebrochen.
  • An der Wand erscheint ein "Regenbogen".

Den mit dem Glas erzeugten Regenbogen können nicht alle Schüler der Gruppe sehen, nur diejenigen, die der Lampe den Rücken zukehren. Das Experiment wird anschließend mit dem durch die Fenster einfallenden Sonnenlicht wieder­holt. Auch mit Sonnenlicht kann ein kleiner Regenbogen beobachtet werden.

Zwei Fotos: Ein Kind beobachtet einen 'Weinglas-Regenbogen'

Abb. 3: Ein Kind beobachtet einen kleinen Regenbogen, der entsteht, wenn die Sonne durch ein Weinglas scheint.

Die Schüler stellen fest, dass die Anordnung der Farben immer gleich ist (von Violett bis Rot), dass Sonne und Wasser gleichzeitig vorhanden sein müssen, und dass der Regenbogen kein Gegenstand ist, den man anfassen kann. Vor allem aber stellen sie fest, dass es von der Stellung des Beobachters in Bezug zum Wasser und zum Licht abhängt, ob man die Regenbogenfarben sehen kann oder nicht. Es bleibt die vierte Frage zu klären: Wie und wann hat man be­merkt, wann ein Regenbogen entsteht?

Dritte Aktivität: Historischer Exkurs

Aus früheren Jahrhunderten sind zahlreiche Erwähnungen des Regenbogen­phä­nomens über­liefert. Die Dokumente (die die Lehrerin mitbringt, oder die im Internet zu finden sind) werden in den jeweiligen geografischen und ge­schichtlichen Kontext gestellt. Anschließend sollen die Schüler die den Texten entnommenen "Erklärungen" bzw. "Erklärungs­fort­schritte" mit den Namen der Autoren in Verbindung bringen (siehe nach­folgende Tabelle).
Wer genug Französisch kann, kann sich die Animation "La théorie de l'arc-en-ciel d'al-Fârisî" (al-Farisis Theorie des Regenbogens) anschauen, in der die Ansichten von Aristoteles, Ibn Sina (Avicenna), Ibn al-Haytham (Alhazen) und al-Farisi beschrieben werden.


Autor Erklärung des Regenbogenphänomens
Aristoteles Aus der "Meteorologica": Die kleinen Tropfen in den Wolken wirken wie kleine Spiegel und werfen die drei Farben Rot, Grün und Violett zurück. Diese ent­stehen durch die Mischung von Luft (hell, im Vordergrund) mit dem Wasser in den Wolken (dunkel, im Hintergrund). [5]
Ibn Sina (Avicenna) (ca. 980–1037) Der Regenbogen entsteht im feinen Dunst zwischen Sonne und Beobachter.
Ibn al-Haytham (Alhazen) (ca. 965–1039/1040) In seinem "Kitab al-Manaẓir" beschrieb Ibn al-Haytham die Reflexion und Bre­chung von Licht in einer mit Wasser gefüll­ten Glaskugel.
al-Farisi (1267–1319) al-Farisi verfasste den Tanqih al-Manaẓir = Revision der Optik von Ibn al-Hay­tham.
Er gab die erste (mathematisch richtige) Erklärung des Regenbogens und des Nebenregenbogens (Konstruktion der Strahlen im Tropfen).
Wie bereits al-Haytham experimentierte al-Farisi mit Glaskugeln, die mit Wasser gefüllt waren.
Ein Regenbogen ist nur dann zu sehen, wenn ein Lichtstrahl von der Sonne in einen Regentropfen eindringt, zweimal gebrochen und mindestens einmal reflektiert wird und dann ins Auge eines Beobachters fällt. Dazu muss der Beobachter vor dem Regen stehen, mit dem Rücken zur Sonne. [6]
Dietrich von Freiberg (um 1250–1320) Aus "De iride et de radialibus impressionibus" (Über den Regenbogen und die durch Strahlen erzeugten Eindrücke): Das Sonnenlicht, das auf einen Regen­tropfen fällt, wird zweimal gebrochen und einmal reflektiert, bevor es ins Auge des Beobachters gelangt. Der Nebenregenbogen entsteht durch zwei­malige Brechung und zweimalige Reflexion. Der Autor experimentierte wie schon Ibn al-Haytham mit kugelförmigen Glasflaschen als Modelle für die Regentropfen.

al-Farisi und Dietrich haben unabhängig voneinander über den Regenbogen ge­schrieben, beide kannten al-Haythams Kitab al-Manaẓir (al-Farisi die Original­version und Dietrich die lateinische Übersetzung von Witelo).

Aus dieser Arbeit mit Texten und Unterlagen kann zum Beispiel ein Wandfries entstehen: "Chronologie der Beiträge mittelalterlich-arabischer Texte zum Regenbogen". Wie hat sich in mittelalterlich-arabischen Texten die Erklärung zur Entstehung eines Regenbogens im Lauf der Zeit verändert? Die Schüler markieren die ungefähren Entstehungsdaten der Texte von Aristoteles, Ibn Sina, Ibn al-Haytham und al-Farisi auf einer Zeitachse.

Foto: Kinder halten ein Wandfries

Abb. 4: Ein Wandfries – Chronologie der Beiträge zur Erklärung des Regenbogens

Es bleiben immer noch Fragen offen, vor allem die nach der Entstehung der Farben. Bis jetzt haben die Regentropfen als eine Art "blackbox" die mysteriöse Fähigkeit, uns die ganze Farbenpalette des Sonnenlichtes zu offenbaren. Tatsächlich wurde dieser Effekt erst im 17. Jahrhundert in den Arbeiten von Isaac Newton einigermaßen vollständig entschlüs­selt. Auch wenn hier nicht wirklich auf die Farbentstehung im Regenbogen eingegangen wird, bieten sich dennoch Übungen an, in denen sich die Schüler mit bestimmten Begriffen der Physik des weißen Lichts und des Farbsehens vertraut machen können.

Eine vollständigere Aufklärung des Regenbogenphänomens erscheint in der Grundschule und selbst in den ersten Oberschulklassen kaum möglich. Aber der Weg, den uns die arabischen Texte seit dem 10. Jahrhundert weisen, bringt uns dahin, dass ein wunderschö­nes, die meisten Kinder begeisterndes Phäno­men wenigstens teilweise schon in der Grundschule verstanden wird.

Vierte Aktivität: Lichtfarben zusammensetzen – Farbaddition

Falls wir die Gelegenheit benutzen wollen, um den Schülern die Unterscheidung zwischen dem Verhalten farbiger Stoffe (insbesondere bei den vertrauten Farbmischungen in der Malerei) und dem des farbigen Lichtes zu verdeutlichen, lässt sich eine weitere Aktivität anschließen. Siehe dazu auch das Unterrichts­modul "Körperfarben und Lichtfarben zusammensetzen".

1. Herstellen und beobachten von Farben durch Überlagerung farbigen Lichts

Die Übung zielt darauf ab, die Schüler eindrücklich merken zu lassen, dass das, was sie beobachten, nicht das ist, was sie erwartet haben. Sie sollen durch die Verun­sicherung einen anderen Blick für die Farbphänomene gewinnen, sich andere Gedanken machen als zum Beispiel im Kunstunterricht, wenn sie Farb­mischungen ausprobieren.

Jede Schülergruppe erhält drei verschiedenfarbige Lichtquellen: eine rote, eine grüne und eine blaue (zum Beispiel "Highpower LEDs"). "Welche Farben könnt ihr mit den drei Lichtquellen erzeugen?" Die Antworten zeigen, wie stark das Mischen von Licht mit dem Mischen von (Mal-) Farben verwechselt wird. Man­che Schüler sagen zum Beispiel voraus, dass sie "durch Mischen von Grün und Rot, bzw. durch Mischen der drei Lampen­farben, Braun erhalten werden". Das Experiment bringt sie dazu, die beiden Arten von "Mischung" zu unterscheiden. Die überraschendste Mischung ist zweifellos die von Rot mit Grün, die Gelb ergibt und nicht Braun, wie das bei Malfarben der Fall wäre. Grün plus Blau ergibt Cyan, die Überlagerung von rotem und blauem Licht Magenta. Die drei Strahlen Rot, Grün und Blau überlagern sich zu weißem Licht.

2. Farbige Schatten erzeugen

Für die meisten Schüler sind Schatten schwarz oder grau. Im Laufe dieser letzten Übung verstehen sie, dass ein Schatten kein materieller schwarzer Gegenstand ist und sich nicht wie ein dunkler Fleck verhält. Tatsächlich ist ein Schatten ein weniger stark beleuchteter Bereich, der daher dem Auge wenig Licht zurückwirft. Wenn der Schatten von einer anderen als der den Schatten erzeugenden Lichtquelle angestrahlt wird, wirft er einen Teil des von der ande­ren Quelle empfangenen Lichts zurück. Wenn diese zweite Licht­quelle aus farbigem Licht besteht, wird auch der Schatten farbig, wie wir sehen werden. Die Entstehung farbiger Schatten lässt sich nur verstehen, wenn einem voll­kommen klar ist, das ein Schatten kein Gegenstand ist, sondern ein Beleuch­tungszustand eines solchen.

Schritt 1: Die Schüler sollen voraussagen, was sie sehen werden, wenn sie einen Gegenstand (zum Beispiel ihren Stift) mit rotem Licht beleuchten. Der Stift wird senkrecht auf ein weißes Blatt Papier gestellt. Die Schüler beobach­ten den Schatten des Stifts. Er erscheint dunkelgrau. Drumherum ist rotes Licht.

Schritt 2: Was geschieht wenn man jetzt denselben Stift gleichzeitig mit ro­tem und mit grünem Licht beleuchtet (die Lichtquellen stehen nebeneinander)? Was wird man auf dem Blatt Papier sehen? Warum?
Manche Schüler sagen zwei (grau/schwarze) Schatten in gelbem Licht voraus, das Gelb resultierend aus der Überlagerung von Rot und Grün. Das Experiment zeigt jedoch, dass die Schatten farbig sind. Das hat in der Regel keiner voraus­gesagt. Der erste Schat­ten (aus Schritt 1) wird jetzt von dem grünen Licht beschienen und wirft dieses grüne Licht zurück in die Augen des Beobachters. Man erhält also einen grünen Schatten. Auf der anderen Seite entsteht auch durch die "grüne Lampe" ein Schatten, der wiederum von der "roten Lampe" beleuchtet wird. Die Schüler beobachten also zwei Stift­schat­ten, der eine grün, der andere rot. Um die Schattenbereiche herum überlagern sich die beiden Lichtfarben. Rotes Licht + grünes Licht = gelbes Licht.

Schritt 3: Was geschieht, wenn man den Stift mit blauem und mit rotem Licht anstrahlt? Und dann mit allen drei Lichtquellen, der blauen, der roten und der grünen?
Dieser letzte Schritt ist für die Kinder in der Grundschule kein leichter. Alle drei Schatten, die der Stift im Licht der drei Lichtquellen wirft, werden von je zwei Lichtquellen angestrahlt, werfen also die Überlagerung von zwei Farben zurück in das beobachtende Auge. Man erwartet demnach radial vom Fußpunkt des Stifts ausgehend drei Zonen in den Farben Magenta, Gelb und Cyan. Um sie herum überlagern sich rotes, blaues und grünes Licht und ergeben zusammen weißes Licht.

Foto: Kinder beobachten
farbige Schatten

Abb. 5: Kinder beobachten farbige Schatten.

Fotos von Regenbögen


Fußnoten

1: Kamal al-Din Hasan ibn Ali ibn Hasan al-Farisi (1267-1320) war Perser und wirkte in Täbris (heute Ost-Aserbaidschan/Iran), seiner Heimatstadt, seiner­zeit Hauptstadt des mongolischen (Teil)-Khanats, dessen teils nestorianisch-christliche, teils buddhistische Herrscher zu al-Farisis Lebzeiten aus Macht­erhaltungsgründen zum Islam übertraten und sowohl militärische als auch kommerzielle Kontakte mit europäischen Machthabern knüpf­ten. al-Farisi revi­dierte Ibn Haythams Texte, beschrieb Experimente zur Brechung und Spiege­lung mit der Camera obscura und verfasste – 400 Jahre nach Thabit ibn Qurra – Beiträge zur Zahlentheorie.

2: Der Artikel "Die sagenhafte (Wieder-) Aufnahme naturkundlichen Denkens in den mittel­alterlichen islamischen Reichen" stellt einige Autoren arabischer Schriften des Mittelalters im historischen/naturwissenschaftshistorischen Kontext vor.

3: Licht selbst ist unsichtbar, siehe die Unterrichtseinheit "Wie kommt es, dass man einen Gegenstand sehen kann? – Licht und Sehen".

4: Siehe den Text "Das Spektrum des Lichts" in der Dokumentation.

5: Literatur: Aydin M. Sayili: The Aristotelian Explanation of the Rainbow, S. 65-83

6: Literatur:

Letzte Aktualisierung: 29.11.2023

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