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Homepage > Aktivitäten > Wissenschaft > Herangehensweise > Wissenschaftlich denken, kritisch denken > Klasse 4 bis 6 > 2: Erklären > Die Wunderschachtel

2.4: Die Wunderschachtel

Autoren:
Publikation: 4.1.2018
Lernstufe: 3
Übersicht: Die Schüler haben es mit einem Gegenstand zu tun, den sie nicht direkt beobachten können. Sie lernen Hypothesen aufzustellen, die das Verhal­ten des Gegenstands erklären könnten, und planen Experimente zur Überprüfung ihrer Hypothesen. Sie machen sich Gedanken über die ein­zelnen Etappen einer wissenschaftlichen Vorgehensweise: von der Beob­achtung zum Experiment und zur Gegenüberstellung von Ergebnissen und Hypothesen.
Angestrebte Kenntnisse: Wissenschaftlich denken, kritisch denken: Sich eine Methode aneignen, um die Ursache eines Phänomens zu finden.
Für Experten: Sich eine experimentelle Methode aneignen, um ein Phä­nomen zu erklären.
Kompetenzen: Mit Unterstützung des Lehrers forschendes Lernen betrei­ben: Aus genauen Beobachtungen Schlüsse ziehen
Schwerpunkt: Sachunterricht, Wissenschaft und Technik
Dauer: 3 Stunden (auf mindestens 3 Einheiten verteilt)
Material: Für jede Schülergruppe:
  • zwei nicht allzu große Schachteln (höchstens Schuhkartongröße)
  • kleine Gegenstände, die in den Schachteln versteckt werden
  • Messinstrumente (Zollstock oder Lineal, Waage) und andere Instru­mente, mit denen man die besonderen Merkmale der Gegenstände in den Schachteln untersuchen kann (etwa ein Kompass oder Magneten)
  • verschiedene Gegenstände – darunter solche, die mit den versteckten Gegenständen identisch sind
  • das Arbeitsblatt 30: "Was ist in der Schachtel?"
Für jeden Schüler:
Herkunft: La main à la pâte, Paris

Aktivität: Eine Untersuchung durchführen

Ablauf: Die Schüler sollen möglichst viele Informationen über einen Gegen­stand herausfinden, der sich in einer geschlossenen Schachtel befindet. Die Schüler untersuchen die Schachtel, indem sie sie zum Beispiel schütteln oder an ihr riechen. Sie stellen anhand ihrer Beobachtungen erste Hypothesen über den Inhalt der Schachtel auf (Phase 1). Sie planen anschließend Experimente und führen diese durch, um ihre Hypothesen zu überprüfen (Phase 2). Zum Schluss teilen und vergleichen sie ihre Ergebnisse mit ihren Mitschülern (Phase 3).

Botschaft zum Mitnehmen: Man kann Gegenstände, die uns umgeben, bes­ser verstehen, wenn man sie genau beobachtet. Manchmal ist jedoch nicht alles sofort sichtbar. Um mehr über einen Gegenstand zu erfahren, kann man Experimente machen. Man erhält allerdings nur dann verlässliche Informatio­nen, wenn man das Experiment sorgfältig plant und durchführt. Man muss: möglichst viele Informationen aus den Beobachtungen ziehen; Hypothesen aufstellen, die man anschließend überprüft; die Hypothesen eine nach der anderen überprüfen, indem man nur einen Parameter auf einmal ändert; die Ergebnisse analysieren, indem man sie miteinander vergleicht. Zum Schluss hat man schon eine ganz gute Vorstellung, um was es sich bei dem "verborgenen" Gegenstand handeln könnte – auch wenn noch Unsicherheiten bestehen bleiben.

Vorbemerkungen:

Schachteln

Abb. 1: Ein Verpackungskarton und eine Nudelbox

Vorbereitung: Vor der Unterrichtsstunde bereitet der Lehrer die Schachteln vor. In die Hälfte der Schachteln legt er kleine Gegenstände, die anderen blei­ben leer. Anschließend werden alle Schachteln (die gefüllten und die leeren) gut verschlossen.

Schüler bei der Gruppenarbeit

Abb. 2: Schüler mit einer Nudelbox

Phase 1: Eine erste Erforschung der Wunderschachtel (ca. 1 Stunde)

Der Lehrer zeigt der Klasse eine der Schachteln. Er inszeniert die Aktivität als "Kriminaluntersuchung zur Auflösung eines Rätsels". "Es ist/sind eine/mehrere mysteriöse Schachtel(n) gefunden worden. Wir dürfen sie auf keinen Fall öffnen oder beschädigen, um ja keine Spuren zu verwischen. Wir sollen sie aber näher untersuchen, um herauszufinden, was sich darin befindet."

Pädagogische Anmerkung

Der Lehrer kann verraten, dass alle Schachteln den gleichen Inhalt haben (falls das zutrifft), oder er lässt diese Frage offen. Im ersten Fall wird die Zusammenarbeit zwischen den Gruppen gefördert, die ihre Untersuchungs­ergebnisse teilen werden, um noch näher einzukreisen, um was für einen Gegenstand es sich handeln könnte. Wenn nicht bekannt ist, ob sich in den Schachteln die gleichen Gegenstände befinden, wird man versuchen zu vermeiden, dass in der Untersuchungsphase die Gruppen voneinander abgucken.

Die Schüler beobachten das Äußere der Schachtel, riechen nacheinander daran, bewegen/drehen/schütteln sie. Achtung: Wie bereits erwähnt, darf die Schachtel weder geöffnet noch beschädigt werden. Diese Untersuchung liefert erste Hinweise: Gerüche, Töne/Geräusche, wie sich der Gegenstand bewegt, wenn man die Schachtel langsam oder schnell bewegt. Der Lehrer fragt: "Was befindet sich in der Schachtel? Was sind eure Vermutungen? Warum? Und wie könnt ihr diese Vermutungen überprüfen? Geht das alles, ohne die Schachtel zu öffnen?"


Schüler mit verschlossener Schachtel

Abb. 3: Ein Schüler untersucht die verschlossene Schachtel.

Der Lehrer erklärt, dass die Arbeit in Gruppen fortgeführt werden soll. Er gibt jeder Gruppe eine "Wunderschachtel". Jede Gruppe schreibt alle ihre Beobach­tungen auf, ebenso die Hypothesen, die sich aus diesen Beobachtungen erge­ben.

Jede Gruppe bekommt das Arbeitsblatt 30 (Was ist in der Schachtel?). Mit dem Arbeitsblatt sollte es den Schülern leichter fallen, zwischen den beiden folgen­den Dingen zu unterscheiden: "Was ich beobachte" und "Hypothese, die ich aufgrund meiner Beobachtungen aufstelle". Beispiel: "Aus der Schachtel kommt ein Geruch nach Zitrusfrüchten" kommt in die Spalte "Beobachtungen". Diese Beobachtung führt zu folgenden Annahmen: In der Schachtel befindet sich eine Zitrusfrucht, ein Teebeutel, ein Stück Seife, das nach Zitrusfrucht riecht. Kommen weitere Beobachtungen hinzu, werden die Annahmen verändert oder eingegrenzt. Der Lehrer hilft den Schülern beim Aufschreiben ihrer Beobach­tungen und bei der Formulierung ihrer Hypothesen.

Zum Schluss wird die Schachtel vermessen. Dazu stehen den Schülern Lineale, Zollstöcke und Waagen zur Verfügung. Wenn die Schüler nicht spontan selbst darauf kommen, lässt der Lehrer sie über die Notwendigkeit nachdenken, dass man eine leere Schachtel wiegen und deren Masse von der gefüllten Schachtel abziehen muss, um auf die Masse des Gegenstands/Inhalts zu kommen.

Der Lehrer sagt an, dass die Schüler in der nächsten Stunde ihre Hypothesen überprüfen werden. Dazu wird er ihnen Material/Geräte zur Verfügung stellen. Wenn sie selbst schon bestimmtes Material/bestimmte Geräte im Blick haben, sollen sie diese(s) zur nächsten Stunde mitbringen – zum Beispiel Magnete, um zu überprüfen, ob der Gegenstand Eisen, Nickel oder Cobalt enthält [1].

Phase 2: Die Ermittlung geht weiter (ca. 1 Stunde)

Der Lehrer stellt den Schülern auf einem Tisch alles Mögliche an Material zur Verfügung, darunter auch Gegenstände, die "Kandidaten" für den Inhalt der Schachteln sind. Einige entsprechen auch tatsächlich den Gegenständen in den Schachteln, andere nicht. Die Schüler nehmen das Arbeitsblatt 30 (Was ist in der Schachtel?), das sie in der Phase 1 ausgefüllt haben, wieder zu Hand und nehmen sich das Material, das sie zum Testen ihrer Hypothesen brauchen.

Möglicher Inhalt der Wunderschachtel

Abb. 4: Möglicher Inhalt der Wunderschachtel (zum Vergrößern auf das Bild klicken)

Die infrage kommenden Gegenstände werden in die leere Schachtel (die Kon­trollschachtel) gelegt – erst jeder Gegenstand einzeln, dann mehrere zusam­men. Dann wird geschaut, ob die Kontrollschachtel und die Wunderschachtel sich ähnlich verhalten. Der Lehrer macht die Schüler auf Folgendes aufmerk­sam:

Beispiel: Die Hypothese lautet "In der Wunderschachtel ist ein Teebeutel mit Zitrusfruchtgeschmack". Auf dem Tisch liegt solch ein Teebeutel, außerdem ein nach Zitrusfrucht riechender Teststreifen aus Pappe sowie eine Zitrone. Es wird ein Gegenstand nach dem anderen in die leere Schachtel gelegt. Jedes Mal wird mit der Wunderschachtel verglichen: Es wird an beiden Schachteln aus der gleichen Entfernung gerochen und beide Schachteln werden auf die gleiche Weise geschüttelt. Jeder Schüler der Gruppe wiederholt das "Experi­ment".

Der Lehrer bittet die Schüler jede neue Beobachtung in die Tabelle einzutra­gen, ihre Hypothesen entsprechend zu ändern bzw. zu eliminieren. Es werden sich in dieser Phase des Herantastens wahrscheinlich zahlreiche Hypothesen als falsch herausstellen. Die Schüler werden aber feststellen, dass alle diese Fehlschläge sie durch Ausschluss näher ans richtige Ergebnis bringen: "Es ist zu schwer, und die Bewegung ist ganz anders. Also ist es keine echte Zitrone, wir probieren mal den Teebeutel aus."

Beispiel für einen argumentativen Gedankengang

In einer Klasse schlug ein Schüler vor, die Schachtel ins Krankenhaus zu bringen, in dem seine Mutter arbeitet, um dort eine Röntgenaufnahme der Schachtel zu machen. In dem Röntgenbild waren einige Gegenstände sehr gut sichtbar, andere nicht. Man konnte also danach immer noch nicht mit Sicherheit sagen, wie viele Gegenstände sich in der Schachtel befinden. Die Schüler haben sich informiert und gelernt: Je weißer ein Gegenstand auf dem Röntgenbild erscheint, desto größer ist seine Dichte. Das hat sie dazu gebracht, sich zu fragen, wie groß die Dichte eines Radiergummis ist, eines Holzstücks, eines metallischen Gegenstands usw.

Die Schüler haben bemerkt, dass die Größe der Schachtel auf dem Röntgen­bild der Größe der tatsächlichen Schachtel entspricht. Daraus haben sie geschlossen, dass die Gegenstände in der Schachtel genauso groß sind wie die im Röntgenbild. Sie haben vermutet, dass einige der kreisförmigen Gegenstände Münzen sein könnten und haben sie mit reellen Münzen ver­glichen. Keine Euromünze hatte die passende Größe. Außerdem wurden die kreisförmigen Gegenstände in der Schachtel nicht von dem (in der Klasse vorhandenen, starken) Magneten angezogen. Die Schüler haben anschlie­ßend die Euromünzen getestet: Nur die 1-Cent, die 2-Cent- und die 5-Cent-Münzen werden von einem Magneten angezogen, alle anderen (1-Euro und 2-Euro-Münzen sowie 10-Cent-, 20-Cent- und 50-Cent-Münzen) nicht. Sie konnten also nicht ausschließen, dass sich in der Schachtel nicht vielleicht doch eine (ausländische) Münze befindet.

Vielleicht war die Wunderschachtel ja in der nahegelegenen Schweiz fabri­ziert worden. Sie haben sich dann die Frage gestellt, ob die Schweizer Währung auch der Euro ist. Ein Schüler hat von zu Hause Schweizer Fran­ken mit in die Schule gebracht. Und tatsächlich: Eine Münze hatte die Größe des "kreisförmigen Gegenstands" auf dem Röntgenbild und wurde nicht vom Magneten angezogen.

Phase 3: Vergleich der Ergebnisse (ca. 1 Stunde)

Die einzelnen Schülergruppen bereiten eine etwa 5-minütige Präsentation vor. Reihum werden die Ergebnisse den Mitschülern vorgestellt – wie bei einer Kon­ferenz. Anschließend diskutiert die Klasse über die jeweiligen Beobachtungen und Tests.

Pädagogische Anmerkung

Eventuell kann solch eine "Konferenz" mit mehreren Klassen organisiert wer­den, vielleicht sogar in einer passenden Umgebung (einer Universität, einem Forschungszentrum). Denkbar wäre auch, dass Wissenschaftler an der Kon­ferenz teilnehmen und über ihre eigenen Erfahrungen als Wissenschaftler berichten.

Während der Testphase dieser Unterrichtseinheit war eine Klasse in einem Forschungsinstitut und hat sich mit den Forschern über deren Arbeitsme­thoden ausgetauscht. Die Schüler haben den Forschern auch eine Heraus­forderung mitgebracht: ein speziell für sie gebastelte Wunderschachtel.

Zusammenfassung

Der Lehrer nutzt diese Diskussion, um noch einmal auf die Vorgehensweisen hinzuweisen und sie von den Schülern erklären zu lassen: "Was habt ihr in dieser Unterrichtseinheit gelernt?" "Wir haben gelernt etwas zu erforschen, das wir nicht sehen konnten; Hypothesen aufzustellen und dann zu überprü­fen, ob diese stimmen oder nicht; zum Vergleichen eine 'Kontrollschachtel' zu verwenden; erst in Gruppen und dann alle gemeinsam zu arbeiten; dass man nicht immer eine Antwort auf die Ausgangsfrage findet – so ergeht es auch den Forschern." "Wir mussten herausbekommen, was sich in der Wunder­schachtel befindet. Wir mussten uns auf Indizien stützen, weil wir den Inhalt der Schachtel nicht direkt beobachten konnten."

Die Schüler fassen gemeinsam zusammen.

Beispiel:

Um etwas zu erforschen, muss man:

  • sehr genau beobachten, mit und ohne Messinstrumente; die Vorge­hensweise und die Ergebnisse aufschreiben;
  • aufgrund der Beobachtungen Hypothesen aufstellen;
  • nach weiteren Beobachtungen die plausibelsten Hypothesen auswählen – manche Hypothesen schließen andere aus, manche ergänzen sich;
  • ein strenges Testverfahren entwickeln und dieses (in der immer glei­chen Weise) anwenden – immer nur einen Parameter auf einmal ändern;
  • Wenn man die Tests nicht direkt an dem untersuchten Gegenstand durchführen kann, setzt man ein "Kontroll-Modell" ein, das man beliebig verändern kann, um dessen Verhalten mit dem Original zu vergleichen;
  • die Beobachtungen wiederholen;
  • die unabhängigen Beobachtungen der verschiedenen Gruppen miteinan­der vergleichen.

Zum Schluss kann/können (muss aber nicht) die Wunderschachtel(n) geöffnet werden. Der Lehrer erinnert daran, dass den Wissenschaftlern dieser "Luxus" in der Regel nicht vergönnt ist.

Im Alltag hat man meistens weder die Zeit noch die Geduld, um solch ein aus­führliches Testverfahren zu entwickeln und anzuwenden, nur um eine Hypo­these zu überprüfen. Die Wissenschaft dagegen muss diese Prozedur jedes Mal und immer wieder durchführen. Eine Behauptung, die auf diese Weise getestet wurde, hat einen ganz anderen Wahrheitsgehalt als eine Behauptung, die sich auf Eindrücke oder vorgefasste Meinungen stützt bzw. die aus einer einfachen Werbeanzeige stammt.

Schachtel mit Teebeutel, Murmel und Zettel

Abb. 5: Schachtel mit Teebeutel, Murmel und Zettel

Evaluation

Die Schüler bekommen den Evaluationsbogen 16 (Experimentieren – die einzel­nen Schritte). Sie sollen ein Plakat zur experimentellen Methode entwerfen, die sie in dieser Unterrichtseinheit kenngelernt haben. Es sollen die einzelnen Schritte beschrieben werden sowie die Punkte, auf die man besonders achten sollte. Die Schüler können für jeden Schritt eigens ein Symbol entwerfen. Die Plakate der einzelnen Gruppen können anschließend als Grundlage für ein Pla­kat der gesamten Klasse dienen.


Fußnote

1: Viele metallische Gegenstände sind aus bzw. enthalten eins der drei ferro­magnetischen Metalle Eisen, Nickel oder Cobalt. Andere Metalle wie Kupfer, Silber oder Aluminium sind nicht ferromagnetisch und werden nicht von Magne­ten angezogen.

Letzte Aktualisierung: 10.4.2018

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