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Homepage > Dokumentation > Pädagogik > Wie fange ich an? > In der Grundschule > Naturwissenschaftlicher Unterricht in Vor- und Grundschule

Naturwissenschaftlicher Unterricht in Vor- und Grundschule

Publikation: 26.5.2007

Inhaltsverzeichnis


Einleitung

Der Inhalt dieser Datei ist eine Übersetzung der Texte zur pädagogischen Orientierung aus dem Buch "Enseigner les sciences à l'école primaire" – Naturwissenschaftlicher Unterricht in Vor- und Grundschule. Im Buch schließen sich sieben Unterrichtseinheiten an, die sich auf alle Altersstufen der Vor- und Grundschule und auf die verschiedenen Fachgebiete des Lehrplans verteilen. Es handelt sich dabei um bis ins Einzelne ausgeführte Beispiele für die praktische Umsetzung der programmatischen Vorstellungen und der Vorschläge für den Unterricht. Diese Unterrichtseinheiten finden Sie auch auf den deutschen Seiten:

Die folgenden Texte und die Unterrichtseinheiten sollen den Lehrenden helfen, den naturwissenschaftlichen und technologischen Unterricht neu zu gestalten. Neu, sowohl was die Pädagogik angeht, als auch in der Auswahl der naturwissenschaftlichen Kenntnisse, deren Aneignung das Ziel ist. Es ist auf gar keinen Fall beabsichtigt, ein naturwissenschaftliches Lehrbuch für die Grundschule vorzulegen. In den Unterrichtseinheiten geht es um Themen aus den Lehrplänen. Sie sollen allen Lehrenden, denen an einer Erneuerung des naturwissenschaftlichen Unterrichts gelegen ist, das Handwerkszeug für den Anfang sein. Mit wenigen Beispielen auf den Weg gebracht, kann der neue Unterricht mit den bereits vorhandenen[1] und den fortlaufend neu hinzukommenden Materialien seinen Gang nehmen.

Die Entwicklung der Ausdrucksfähigkeit in Sprache und Schrift hat von Anfang an einen besonderen Stellenwert. Im Abschnitt "Naturwissenschaft und Sprache in der Klasse" werden entsprechende Empfehlungen gegeben. In allen Unterrichtseinheiten wurde der Sprachentwicklung besondere Aufmerksamkeit zuteil[2]. Es versteht sich von selbst, dass die sprachliche Arbeit im naturwissenschaftlichen Bereich auch auf alle Regional- und Fremdsprachen des Schulunterrichtes ausgedehnt werden kann. Die Einheit "Wie viel Uhr ist es in Paris, in Peking oder in Sydney?" zeigt beispielhaft, wie das Programm die Ausdrucksfähigkeit und den Umgang mit Satzstrukturen fördern kann.

In ihren Grundzügen wurde diese Einleitung von der Gruppe Unterrichtstechniken beim landesweiten Komitee zur Neugestaltung des naturwissenschaftlichen und technologischen Unterrichts in der Schule verfasst. Die Unterrichtseinheiten gehen aus der Zusammenarbeit eben dieser Gruppe mit einem Team "La main à la pâte" (Académie des sciences, Institut national pour la recherche pédagogique, École normale supérieure ULM) hervor. An der Ausarbeitung waren Autor/inn/en unterschiedlichster Horizonte beteiligt: Lehrer/innen, Lehrende an den Lehrerbildungsanstalten, Schulinspektor/inn/en, Wissenschaftler/innen, Spezialist/inn/en der in Frage kommenden Fachgebiete und Praktiker/innen vor Ort wurden in ein und derselben Arbeitsgruppe zusammengeführt, in der Hoffnung, das Ergebnis, gleichermaßen wissenschaftlich wie pädagogisch, hohen Ansprüchen gerecht werden zu lassen. Als Herausgeber treten auf das "Ministerium für Jugend, Erziehung und Forschung, die Schulbehörde und die Académie des sciences – La main à la pâte". Ein Beweis, dass "La main à la pâte" im Plan zur Neugestaltung des naturwissenschaftlichen und technologischen Schulunterrichts eine herausragende Rolle spielt: "Das Programm "La main à la pâte" geht weiter. Es hat seine eigene Dynamik, und sein Spezifikum sind vor allem die wissenschaftlichen Partnerschaften. Als innovativer Pol, aber auch als zentraler Verteiler, ist es integraler Bestandteil und ein wesentliches Element im Rahmenplan"[3].

Anhaltspunkte für den praktischen Umgang mit einer Unterrichtseinheit[4]

Die folgenden grundlegenden Texte sind für Lehrer/innen bestimmt. Sie sollen ihnen Anhaltspunkte für einen Unterricht geben, der im Geist der Neugestaltung des naturwissenschaftlichen und technologischen Unterrichts den Lehrplänen für das Jahr 2002 gerecht wird.

Es handelt sich dabei um pädagogische Arbeitstexte, die weder "die" wissenschaftliche Methode zu definieren vorgeben, noch die Abläufe eindeutig festlegen wollen, die von der Fragestellung zur näheren Untersuchung und schließlich zur Strukturierung der Problematik führen. Die vorgeschlagene Herangehensweise ist der des aktiven Lernens verwandt und vergleichbar mit Problemlösungen in der Mathematik. Zur Vereinfachung der Darstellung werden fünf wesentliche Schritte herausgenommen. Ihre Abfolge muss nicht unbedingt linear sein. Je nach Gegenstand empfiehlt sich durchaus ein Hin und Her zwischen den Schritten. Wichtig für die gedankliche Verarbeitung der Schüler/innen ist aber, dass jede Phase durchlaufen wird.

Aspekte einer experimentellen Herangehensweise

Der Plan zum neuen naturwissenschaftlichen und technologischen Schulunterricht gründet methodisch auf zwei Prinzipien: (thematische, der Übersetzer) Einheit und (methodische, der Übersetzer) Vielfalt.

- Einheit: Die Herangehensweise ist bestimmt von Fragestellungen der Schüler/innen zur realen Welt: Phänomen oder Objekt, lebendig oder tot, natürlich oder von Menschen geschaffen. Dies Infragestellen führt zur Aneignung von Wissen und praktischem Können in den vom Lehrenden angeleiteten (empirischen Problemlösungs- und Beantwortungs-) Versuchen der Schüler/innen;

- Vielfalt: Die Schüler/innen können, gegebenenfalls auch in ein und derselben Unterrichtsstunde, ihre Fragestellung auf verschiedene Weise angehen:

Der Grad, in dem diese Methoden der Wissensaneignung sich gegenseitig ergänzen, hängt vom Untersuchungsgegenstand ab. Wo immer das möglich ist, sollte aus materiellen Gründen und vom pädagogischen Gedanken her, das praktische Experimentieren der Schüler/innen den Vorrang haben.

Grundzüge einer Unterrichtseinheit[6]

Anfängliche Gesichtspunkte

- Randbedingungen in Abhängigkeit von den Zielen der Lehrpläne.
- Abgleich mit dem Curriculum, das von der Lehrerkonferenz dieser Lernstufe erarbeitet wurde.
- Brauchbarkeit der Fragestellung unter den gegebenen Umständen.
- Hilfsmittel vor Ort (Material/Geräte und Dokumentation)
- örtlich gegebenes Interesse an einem bestimmten Thema, aktuelle oder aus wissenschaftlichen bzw. nichtwissenschaftlichen Tätigkeiten hervorgehende Themen.
- Gewährleistung der Eigeninteressen des Schülers/der Schülerin im Lernvorgang.

Formulierung der Fragen der Schüler/innen[7]

- Der/die Lehrer/in leitet die Arbeit an, hilft, die Fragen sinnvoll zu stellen, sie wissenschaftlich zu formulieren und fördert die mündliche Ausdrucksfähigkeit der Schüler/innen.
- Der/die Lehrer/in bestimmt und begründet eine Auswahl Erfolg versprechender Fragen (die der gegebenen experimentellen Ausrüstung sowie den zur Verfügung stehenden Unterlagen Rechnung tragen und den Lernprozess den Lehrplänen gemäß fördern).
- Die Ausgangsvorstellungen der Schüler/innen kommen zur Sprache[8], eventuelle Meinungsverschiedenheiten werden einander gegenübergestellt und helfen damit der Klasse, sich die Fragestellung zu Eigen zu machen.

Aufstellung von Hypothesen und Konzept der Untersuchung

- Die/der Lehrende gruppiert die Schüler/innen (in verschiedener Weise, je nach Tätigkeiten, von der Zweiergruppe bis zur ganzen Klasse); sie/er gibt Anweisungen (betreffs Arbeitsteilung und Verhaltenserwartungen innerhalb der Gruppen).
- In den Gruppen werden mündlich Hypothesen formuliert.
- Gegebenenfalls werden Protokolle geschrieben[9], um gültige von ungültigen Hypothesen besser trennen zu können.
- Hypothesen und Versuchsprotokolle (Texte und schematische Zeichnungen) werden schriftlich ausgearbeitet.
- Die Schüler/innen formulieren mündlich und/oder schriftlich ihre Voraussagen "Was wird meiner Meinung nach passieren und warum wird das passieren?".
- Mündliche gegenseitige Mitteilung der Hypothesen und gegebenenfalls der vorläufigen Versuchsprotokolle in der Klasse.

Die Schüler/innen bei der Arbeit

- Gruppeninterne Diskussionspunkte der Schüler/innen: die Einzelheiten der Vorgehensweise im Versuch.
- Kontrolle der Parameter.
- Versuchsbeschreibung (schematische Zeichnung, schriftliche Beschreibung).
- Wiederholbarkeit des Versuchs (Aufnahme der Versuchsbedingungen durch die Schüler/innen).
- Umgang mit den individuellen Niederschriften der Schüler/innen.

Aneignung von Wissen und Können und Strukturierung der Kenntnisse

- Vergleich der Ergebnisse der verschiedenen Gruppen, in Beziehung setzen zu Ergebnissen anderer Klassen.
- Gegenüberstellung mit etabliertem, in den Darstellungsformen dem Bildungsniveau der Schüler/innen angemessenem Wissen und Können (Problemlösung mit Hilfe von Unterlagen).
- Gegebenenfalls Suche nach Gründen für ein abweichendes Ergebnis, kritische Analyse der durchgeführten Versuche und Vorschläge für weitere, ergänzende Untersuchungen.
- Schriftliche, unter Anleitung der/des Lehrenden ausgearbeitete Formulierung der in der Unterrichtseinheit neu erworbenen Kenntnisse.
- Arbeiten zur Darstellung und Vorstellung der Ergebnisse (Text, Grafik, Modell, multimediales Produkt).

Stellenwert von Quellen, Recherche, Informations- und Kommunikationstechnologien[10]

Die dem Neugestaltungsplan gemäße methodische Arbeitsweise ist im Bulletin Officiel Nr. 23 vom 15. Juni 2000 nachzulesen:
"Die Schüler/innen nehmen in der naturwissenschaftlichen Arbeit das Lernen selbst in die Hand.
- Sie machen eine Beobachtung in ihrer realen Umwelt und formulieren dementsprechend ihre Fragestellungen.
- Sie untersuchen diese in überlegter Weise mit konkreten Versuchen und arbeiten, falls notwendig, auch mit Unterlagen (Texte, Medien, Internet). Die beiden Herangehensweisen ergänzen sich; es ist wichtig, dass die Schüler/innen beide zu gebrauchen wissen."

Der Ablauf einer Unterrichtseinheit gemäß dem Plan zur Neugestaltung wurde weiter oben beschrieben. Nachstehend soll genauer erörtert werden, auf welche Weise die Unterlagenrecherche in Büchern, Dokumenten, Medien, Internet einen Lernvorgang ergänzen kann und muss, der "von der Fragestellung über das Experiment zum Wissen" führt.

Zunächst sei angegeben, was alles mit "Unterlagenrecherche" gemeint sein kann.

Die Quellensuche

Es lassen sich nicht alle "produktiven" Fragestellungen der Klasse und auch nicht alle wissenschaftlichen Probleme allein durch die experimentelle Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit beantworten. Mit Hilfe von Bücherei, Wörterbuch, Enzyklopädie oder Internet muss der/die Schüler/in in der Lage sein:
- das Wort, das ihr/ihm vielleicht zur Problemlösung fehlt, in einem Wörterbuch zu suchen;
- das Stichwortverzeichnis einer Enzyklopädie zu benutzen;
- den Aufbau einer Bücherei zu verstehen, damit sie/er dort ihr/ihm verständliche und interessante Bücher findet;
- das Inhaltsverzeichnis eines Buches zu benutzen;
- aus einem Artikel herauszulesen, was wichtig ist;
- Text, schematische Zeichnungen und Illustrationen in einem Artikel zu erkennen und zu "entschlüsseln";
- mit einer Suchmaschine erfolgreich eine Suche durchzuführen und die für die Untersuchung interessanten Antworten herauszufiltern. Diese Fähigkeiten werden nach und nach im Lauf der Schulzeit erworben, im Unterricht, in fachübergreifenden institutionellen Formen, wie Einzelarbeit in gegebenem Rahmen (TPE = travaux personnels encadrés), fachübergreifende Projekte beruflicher Ausrichtung (PPCP = projets pluridisciplinaires à caractère professionnel) oder freie, persönliche Arbeit in gegebenem Rahmen (TIPE = travaux d'initiative personnelle encadrés) oder in Arbeitszusammenhängen an der Universität...

Die Recherche anhand von Quellen[11]

Seit Bilder und Bildschirme immer zahlreicher geworden sind, erleben wir widersprüchliche, oft leidenschaftliche Reaktionen in der Diskussion um die pädagogischen Auswirkungen. Da sind einerseits die Befürworter/innen von mehr Sachkenntnis zu den Informationstechnologien ("die Bildschirme sind nun einmal da, die Jugend profitiert mehr von dieser Tatsache, als man sich vorstellen kann") und andererseits diejenigen, die sich um die geistige und moralische Gesundheit der Kinder Sorgen machen. Welche Haltung gebietet uns die Vernunft?

Psychologische Auswirkung von (Bild-)Quellen

- Geschichte: Spezifisch pädagogische audiovisuelle Materialien existieren seit dem Beginn des 20sten Jahrhunderts. Ihr Gebrauch erreichte einen Höhepunkt in Vorführungen, insbesondere von Kurzfilmen ohne Ton (in den 70er Jahren), bei denen der/die Schüler/in und die Klasse zur Interpretation aufgefordert wurden. Seit Fernsehsendungen auf VHS-Kassetten aufgenommen werden, ist die aktive Beteiligung der Schüler/innen bedeutend zurückgegangen.
- Geographie: Es hat sich gezeigt, dass die Qualität weltweiter Sendungen des Bildungsfernsehens sehr vom pädagogischen Begleitmaterial abhängt. Zeitschriften, später auch Internetseiten, schlagen eine Vielzahl von Aktivitäten vor, bei denen die gesendeten Bilder verwendet werden (Téléquébec, BBC Education oder France 5 bieten begleitende Unterlagen zu ihren Bildungssendungen an. [In Deutschland spielt der WDR auf diesem Gebiet eine ähnliche Rolle (mit seinen Sendungen "Sendung mit der Maus", "Wissen macht Ah!" und "Quarks & Co"), d.Ü.]).
- Pädagogik: Welcher Stellenwert und welcher Raum kommt den Quellen im Verhältnis zur Auseinandersetzung der Schüler/innen mit der Realität in der unmittelbaren Wahrnehmung zu? Und dies bei welcher pädagogischen Vorgehensweise?

Was für Quellen?

Es ist zu unterscheiden zwischen bereits erläuterten, erklärenden Unterlagen, die einen deutlichen Sinn haben und geben, und den rohen, nicht erläuterten Quellen, deren Sinn erst in der Recherche der Schüler/innen herausgearbeitet wird (Beispiele: Röntgenbild eines gebrochenen Beines, kommentarlose Bildsequenz von einem Vulkanausbruch oder mit Zeitraffer aufgenommene Entwicklung einer Pflanze, einer Frucht...).

Wann benutzen?

- Wenn es darum geht, zum Erkunden zu ermuntern. Beispiele: Bild oder eine Bildsequenz des aktuellen Geschehens (Erdbeben); Bilderfolge einer beruflichen Tätigkeit (archäologische Grabung zur Einführung in die Arbeit mit Fossilien und mit den Spuren der Evolution), usw.
- Wenn den Schüler/innen zusätzliche Quellen zur Erörterung vorgelegt werden sollen. Beispiele: medizinische Bilder des menschlichen Körpers oder eine der oben genannten, rohen Quellen.
- Als Hilfe, wenn gemeinsam eine Schlussfassung erarbeitet werden soll, wenn die Klasse zum Abschluss einer Untersuchung endgültig formuliert, was in das Versuchsheft eingetragen wird. Beispiele: alle erklärenden Dokumentarfilme, wie sie oft vom Fernsehen gesendet werden (C'est pas sorcier, E = M6...), oder auch alle Bildkompositionen, die etwas erklären sollen, (wobei eine Schwierigkeit darin liegt, dass Kürzel oder Symbole der Erläuterung bedürfen).
- Wenn die in anderen Beispielen erworbenen Kenntnisse wieder verwendet oder ausgewertet werden sollen. Zum Beispiel: Bilder oder Bildfolgen, die andere Energiequellen zeigen als diejenigen, die im Unterricht durchgenommen wurden, Dokumente, die Fragen der Gesundheits- oder Umweltschutzerziehung umfassender behandeln (zum Beispiel eine genaue Untersuchung der Gewölle (unverdaute Nahrung) von Raubvögeln in einem Dokumentarfilm zur ökologischen Bedeutung des Raubvogelschutzes...) oder vom Einfluss alltäglicher Gewohnheiten auf das Gleichgewicht in bestimmten Nahrungsketten.

Wechselseitige Ergänzung von realen Dingen/Phänomenen und Dokumentation

Manche Phänomene oder Objekte entziehen sich der unmittelbaren Wahrnehmung, weil sie zu groß sind (in der Astronomie), zu klein (Mikroben), zu langsam (Wachstum eines Baumes), zu kurzzeitig, zu selten oder zu gefährlich (Vulkanausbrüche, Erdbeben), zu kostspielig (Raketen) oder auch, weil sie der Vergangenheit angehören (Wissenschafts- und Technikgeschichte). Mit den realen Dingen und Erscheinungen kann man sich in verschiedener Weise auseinandersetzen: durch Beobachtung, Experiment, Vergleiche...
Unterlagen und Quellen können das Erkunden der Realität bereichern. Zum Beispiel kann eine experimentelle Untersuchung zu den Zustandsänderungen von Wasser durch Bilderfolgen vom polaren Meereis, von einem Gletscher, vom Schneefall oder vom Gefrieren eines Baches eine Bereicherung erfahren.
Ein Wechsel zwischen Konkretem und Abstraktem, zwischen wissenschaftlichen und technischen Phänomenen und ihren Anwendungen (zum Beispiel in der Berufswelt oder in Dingen, die die Schüler/innen tagtäglich benutzen) wird auf jeden Fall fruchtbar sein.
Die Neugestaltung des naturwissenschaftlichen und technologischen Schulunterrichtes hat den erfolgreichen Erwerb von Wissen und Können zum Ziel. Sie beruht auf einem ausgewogenen Verhältnis von Beobachtung der Dinge und Phänomene der realen Welt, Experimentieren und Suche in ergänzenden Unterlagen und Quellen. Der/die Schüler/in soll Methoden der wissenschaftlichen Herangehensweise lernen, er/sie soll sich daran gewöhnen, seine Wissensquellen zu benennen und zu überprüfen. Kritisches Denken ist eine Voraussetzung für die Entwicklung zum/zur Staatsbürger/in.
Für die Rolle von Informations- und Kommunikationstechnologien im Erneuerungsplan gilt die gleiche Logik: "Für das Vorgehen ist das unmittelbare Experimentieren der Schüler/innen grundlegend. Von daher hat die Beobachtung der Realität und die Einwirkung auf sie Priorität vor virtuellen Recherchen".
Diese Aussage verkleinert in keiner Weise das Interesse an den Informations- und Kommunikationstechnologien, sei es zur Ergänzung der unmittelbaren Beobachtung, sei es zum Abgleich der experimentellen Ergebnisse mit dem etablierten Wissen.

Naturwissenschaft und Sprache in der Klasse

Grundsätzlich konzentriert sich die Arbeit der Klasse im naturwissenschaftlichen und technologischen Unterricht nicht in erster Linie auf die Sprache. Aber über dem Wechsel zwischen Beobachtung des Reellen, Einwirkung auf das Reelle, Lektüre und Produktion von verschiedenen Schriftstücken unter Anleitung der/des Lehrenden entwickelt der/die Schüler/in nach und nach, zusammen mit der gedanklichen Arbeit, sprachliche Fähigkeiten (mündliche und schriftliche[12]). Ob individuell oder gemeinsam, in den Naturwissenschaften ist Sprache gefordert:
- wenn es die sich aufbauenden Kenntnisse zu formulieren gilt: benennen, zuweisen, einordnen, vergleichen, Bezüge herstellen, vermitteln;
- wenn die Zusammenhänge zu erörtern sind: interpretieren, umordnen, einen Sinn geben;
- wenn der eigene Standpunkt zu vertreten ist: überzeugen, begründen, argumentieren;
- wenn Quellen zu interpretieren sind: recherchieren, sich informieren[13], nachschlagen.
Die Anfangsvorstellungen der Schüler/innen können sowohl mündlich, als auch einzeln in schriftlicher Form ihren Ausdruck finden. Vollständig gelingt das jedoch sehr oft nur während des Experimentierens, das gleichzeitig auch dem/der Lehrer/in besseren Einblick in die impliziten Vorstellungen der Schüler/innen gibt und letzteren besser vermittelt, was das Wissenschaftliche an der Fragestellung ist.

Mündliche Sprache

Wenn Initiative und Organisation der Diskussion bei den Schüler/innen selbst liegen, entsteht in der Klasse ein sehr nützlicher und sinnvoller mündlicher Austausch.
Das gesprochene Wort fördert sowohl ein überlegtes als auch ein spontanes, bewegliches, sich verzweigendes und erfindungsreiches Denken. Das Mündliche spielt also ständig eine wichtige Rolle, sei es bei den Fragen der/des Lehrenden oder während der Arbeit der Schüler/innen miteinander.

Von der mündlichen zur geschriebenen Sprache

Wenn die Schüler/innen ein Vorhaben entwickeln, wird das, was sie sagen, zum Teil – vorübergehend oder endgültig – schriftlich fixiert: als Referenz, als Notiz oder Messwert, als Nachricht zur Mitteilung.
Eine Aussage lässt sich, gestützt auf das Geschriebene, absichern, verändern, neu schreiben, mit anderen Niederschriften vergleichen. Dank der Sprache, Vehikel des Denkens, lässt sich Handeln vorwegnehmen. Wo das Mündliche vor dem Schriftlichen da ist, erlebt der/die Schüler/in den Übergang von der gesprochenen, manches unterschlagenden Sprache zur genaueren, schriftlich fixierten Sprache, die wissenschaftlicher Eindeutigkeit Rechnung trägt, und das Schriftliche mit weiteren Ausdrucksformen anreichert: mit schematischen Zeichnungen, Grafiken, Absätzen und Unterstreichungen. Aufschreiben fördert so den Übergang zu höheren Ebenen im Ausdruck und im Denken.

Schriftsprache

Die Niederschrift fordert zur Versachlichung auf, zum Abstand nehmen. Für andere schreiben bedeutet, sich nicht nur im eigenen Bezugssystem verständlich zu äußern. Der/die Schreiber/in muss klarstellen, auf welche Kenntnisse er/sie aufbaut. Im naturwissenschaftlichen Unterricht geht es nicht in erster Linie um schriftstellerisches Können, sondern darum, das naturwissenschaftliche Lernen und die pädagogische Förderung durch die/den Lehrenden zu erleichtern.
Die Schüler/innen werden einzeln oder in Gruppen zu Niederschriften aufgefordert, die unverändert angenommen und in der Klasse als Lernhilfen verwendet werden.
Andere Textformen als die in der Schule gebräuchlichen, narrativen Formen, finden Eingang. Eine neue Beziehung zum Schriftlichen ist besonders interessant, wenn Schüler/innen keine spontane Lust am Schreiben entwickeln oder mit ihren Fähigkeiten nicht besonders erfolgreich sind.

Warum schreiben?

Warum Schüler/innen schreiben sollten    [D]

Das Versuchs- oder Experimentierheft

Es gehört der Schülerin/dem Schüler, ist daher vorzugsweise dazu gedacht, etwas für sich selbst aufzuschreiben, frei vom Eingriffsrecht der/des Lehrenden. Es ist gleichzeitig auch das persönliche Hilfsmittel im Lernprozess.

Deshalb ist es wichtig, dass der/die Schüler/in sein Versuchsheft über das ganze Schuljahr hin beibehält: Dort findet er/sie wieder, was er/sie gemacht hat, was er/sie gedacht hat, er/sie findet Elemente für weiteres Lernen, Bezüge, Hinweise, die wieder aufzunehmen, zu verbessern sind... Das Heft enthält sowohl das, was der/die Schüler/in persönlich notiert hat, als auch die kollektiv erarbeiteten Niederschriften, die den Status von Wissen haben, sowie die eigene Wiedergabe der gemeinsam erstellten Texte.
Doch gleichzeitig muss der/die Schüler/in lernen, nicht alle flüchtigen Notizen, Kritzeleien und Skizzen aufzubewahren. Kriterium für die Aufbewahrung muss die Bedeutung für das sein, was er/sie erreichen will, nicht der Wert des Geschriebenen an sich.
Der verschiedene Status der Niederschriften wird nach und nach für den/die Schüler/in deutlicher zu erkennen sein: Zum Beispiel wird die von der Klasse erarbeitete Gesamtdarstellung nach Möglichkeit mit dem Computer geschrieben und als Fotokopien verteilt.
Beim naturwissenschaftlichen Schreiben, richtet der/die Schüler/in seine Aufmerksamkeit inhaltlich hauptsächlich auf Wissen und Kenntnis und auf die eigene Tätigkeit (experimentieren, Wechselwirkungen...). Gleichzeitig nimmt er spezifische Begriffe, Zeichen, Kürzel aus wissenschaftlichen Texten in die eigenen auf.
Im Hinblick auf die notwendige Mitarbeit der Schüler/innen wird die/der Lehrende vernünftige Nachsicht walten lassen: Die in naturwissenschaftlicher Textproduktion geforderten, spezifischen Fähigkeiten entstehen nicht von heute auf morgen.
- Der dauernde, überlegte Wechsel zwischen der persönlichen Niederschrift und "institutionalisierten" Schriftstücken fördert die Aneignung der Eigentümlichkeiten wissenschaftlicher Sprache:

Die Rolle der/des Lehrenden

Der/die Lehrer/in unterstützt in unterschiedlicher Weise:
- durch Beantwortung einer Frage;
- mit einer offenen Wortliste, die nach Bedarf und jeweiligem Wissensgebiet ergänzt wird;
- durch Vorschläge und Angaben zum notwendigen Werkzeug für die Aufzeichnungen, wie:

- durch Vorschläge zur Gestaltung, die zwar einen Rahmen abgeben, aber die Überlegung nicht einschränken:

- durch Organisation der Mitteilung über die Versuche, in der Klasse und mit anderen Klassen, damit die Schüler/innen ihre Vorschläge und gewählten Projekte prüfen können.
- dadurch, dass sie/er Unterlagen für die Schüler/innen mitbringt, zur Unterstützung der Erörterung, zum Herstellen von Bezügen, auch komplexe Schriftstücke zum reiflich überlegten Gebrauch; solche Hilfsmittel bewähren sich in der Diskussion und in der Gegenüberstellung der Vorhaben.

Vorläufige Niederschriften

In den Gruppen oder nach Austausch unter den Schüler/inne/n entstandene Niederschriften erlauben den Übergang vom "ich" zum "wir", während die Verallgemeinerung (der Übergang vom "wir" zum "man") meist mit Unterstützung des/der Lehrenden in der ganzen Klasse stattfindet. Von vorläufigen Niederschriften kann jede/r Schüler/in zum eigenen Weg zurückkommen, oder es entstehen Sätze für den Schlusstext der Klasse. Die vorläufige Textproduktion wird durch die den Schüler/innen zur Verfügung gestellten Unterlagen bereichert.

Die abschließenden Texte der Klasse

Diese stützen sich auf die individuellen Niederschriften und die Niederschriften der Gruppen. Die/der Lehrende trägt zur Gliederung, zur Formgebung bei und hilft auf diese Weise, Schwierigkeiten zu überwinden, die aus der Gegenüberstellung intermediärer Texte der Schüler/innen entstehen können.
Die Ausdrucksform wird das Niveau haben, das die/der Lehrende auch zur Darstellung des etablierten Wissens für angemessen hält.
Zum Abschluss ist es wichtig, dass der/die Lehrer/in jedem/jeder Schüler/in die Gelegenheit gibt, den fertigen gemeinsamen Schlusstext in den eigenen Worten und mit den eigenen Hilfsmitteln niederzuschreiben. Der/die Lehrer/in bekommt auf diese Weise einen Eindruck vom erreichten Grad der Begriffsaneignung.

Persönliche Niederschriften um Gemeinsame Niederschriften der Gruppen um Gemeinsame Niederschriften von Klasse und Lehrer/in um
- auszudrücken, was ich denke;
- zu sagen was ich tun werde und warum;
- zu beschreiben, was ich tue und beobachte;
- Ergebnisse zu deuten;
- die kollektiven Schlussfolgerungen wiederzugeben.
- mit einer anderen Gruppe, mit der Klasse, mit anderen Klassen zu kommunizieren;
- sich über eine Anordnung, eine Recherche, eine Schlussfolgerung klar zu werden;
- neu zu ordnen, neu zu schreiben;
- von einer durch die Arbeit gegebenen, chronologischen zu einer dem Wissensstand entsprechenden logischen Reihenfolge zu kommen.
- neu zu ordnen;
- Recherchen wieder aufzunehmen;
- die Untersuchung mit Hilfe anderer Schriftstücke zu führen;
- Wissenselemente und gleichzeitig die erforderlichen Ausdrucksmittel zu präzisieren;
- zu "institutionalisieren" was man behalten möchte.

Fußnoten

1: Insbesondere auf der Webseite https://www.fondation-lamap.org und auf der entsprechenden deutschen Seite https://www.sonnentaler.net/

2: Hier wiedergegebene Schülerarbeiten können Rechtschreib- und Syntaxfehler enthalten. Es handelt sich wohlgemerkt um Materialien im ursprünglichen Zustand, die im weiteren Unterricht der Durchsicht bedürfen. [In der deutschen Version wurden die französischen Texte der Schülerarbeiten übersetzt und von Berliner Kindern erneut zu Papier gebracht. Zum Teil wurden auch die Zeichnungen dupliziert.]

3: Auszug aus der gemeinsamen Erklärung vom 8. September 2000. Sie trägt die Unterschrift der ständigen Sekretäre der Académie des sciences, des Leiters der Schulbehörde und des Vorsitzenden des Komitees zur Neugestaltung des naturwissenschaftlichen und technologischen Schulunterrichtes. Der vollständige Text findet sich im Internet unter der Adresse https://eduscol.education.fr/cid46580/l-accompagnement-en-science-et-technologie.html

4: Die Vorgehensweise entspricht dem Schema "von der Fragestellung über das Experiment zum Wissen." Experiment steht im weitesten Sinn für eine Untersuchung mit experimenteller Herangehensweise.

5: Siehe den Abschnitt "Stellenwert von Quellen, Recherche, Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)".

6: Normalerweise beansprucht ein und derselbe Untersuchungsgegenstand mehrere Schulstunden.

7: Siehe die Texte "Von der Fragestellung über das Experiment zum Wissen" und "Der naturwissenschaftliche Unterricht in der Grundschule", im Internet unter der Adresse https://eduscol.education.fr/cid46580/l-accompagnement-en-science-et-technologie.html

8: Die Anleitung der Lehrerin/des Lehrers darf diese Ausgangsvorstellungen nicht beeinflussen oder beeinträchtigen.

9: Protokolle im weitesten Sinn, auch ein Versuchsaufbau gehört dazu.

10: Die Informations- und Kommunikationstechnologien kommen im Rahmen des Plans zur Neugestaltung des naturwissenschaftlichen und technologischen Schulunterrichts zur Sprache.

11: Mit besonderer Berücksichtigung der Bildquellen.

12: Bilder und schematische Zeichnungen eingeschlossen.

13: Siehe Abschnitt "Stellenwert von Recherchen, Quellen, Informations- und Kommunikationstechnologien"

Letzte Aktualisierung: 22.5.2019

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