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Homepage > La main à la pâte > Lamap entdecken > Grundsätze und Ziele > Freinet

Kurzbiographie Célestin Freinet

Célestin Freinet (1896–1966) [1] ist zweifellos der bekannteste und geschätz­teste Pädagoge des 20. Jahrhunderts. Er stritt für eine "volksnahe Pädagogik", die die Schule in die Lage versetzt, Kinder aus dem Volk zu erziehen und aus­zubilden, statt sie, wie allzu oft geschehen, mundtot zu machen und auszu­schließen. In Freinet begegnen sich zwei große, in die Zukunft weisende Strö­mungen: Einerseits die Absicht, autoritären Unterricht durch "aktives" Lernen zu ersetzen, das an den individuellen Willen appelliert; andererseits Gesell­schaftskritik an den Institutionen mit dem Ziel, sie als wirklich demokratische Einrichtungen neu zu gestalten.

Er vertrat alles andere als eine Pädagogik des Spielerischen, er wollte eine Pädagogik der ernsthaften Arbeit, aber einer nachdenklichen Arbeit, die die lebenswichtigen Anliegen der Kinder aufgreift und anspricht: Eine Kultur, die über die Lebenserfahrung nicht nachdenken lässt und sie nicht reicher macht, ist keine Kultur, sondern ein starrer Formalismus. Man muss von der Erfahrung ausgehen, man muss "tastende Versuche" machen, wenn man ein gleichzeitig erfinderisches und realistisches Denken ausbilden möchte. Deshalb entwickelte Freinet Techniken, die das Lernen an Tätigkeiten binden, die dem Lernerwerb seinen Sinn verleiht: Der freie Text, der dem eigenen Ausdruck die Form gibt, das Drucken, die Schulzeitung, die Korrespondenz mit anderen Schulen, die natürliche Lesemethode, das lebendige Rechnen.

Zu seinen Lebzeiten stieß Freinet bei Behörden und Eltern auf Ablehnung und Widerstand. Inzwischen ist sein Einfluss, dank der pädagogischen Bewegung des ICEM [Institut coopératif pour l'École Moderne – Pédagogie Freinet (Koo­perative für eine moderne Schule – Freinet-Pädagogik [2])] und bis in die offiziellen Lehrpläne hinein wirksam. Paradoxerweise überträgt sich die Aner­kennung, die seinen Ideen gezollt wird, kaum auf die mehrheitliche Unterrichts­praxis: Die Unterrichtsgewohnheiten lassen sich nur schwer ändern; Freinet-Pädagogik reduziert sich auch nicht auf einen Baukasten voller Techniken: zu ihr gehört ein politisches Denken, eine bestimmte Vorstellung von Kultur, eine Soziologie... Andererseits: die Techniken veralten und müssen der neuen Lage entsprechend durch andere ersetzt werden. Darum muss jede Generation in gewisser Weise "Freinet neu erfinden".

Offensichtlich sind Freinet und die Freinet-Bewegung wesentliche Bezugs­punkte für La main à la pâte. Übrigens sind die Lehrer, die sich in diesen Ideen wiederfinden, oft die ersten, die zu uns kommen. Sie teilen die bekann­ten Grundsätze mit uns: Betonen des tastenden Versuchens, den Kindern die Initiative überlassen, das Lehren als Anregen und Helfen auffassen und nicht als Übermittlung von Kenntnissen, der Bildungswert von Gruppen und Arbeits­ateliers. Weitere Gemeinsamkeiten: Spracherwerb und Sprachentwicklung, mündlich und schriftlich, frei von Formalismen, in Verbindung mit Tätigkeiten, die für die Kinder einen Sinn haben. Bedeutung der alltäglichen Erfahrung des Nachdenkens über die Gegenstände und Tatsachen im Alltag. Das Bemühen um eine Verbindung zwischen allgemeinem Wissen und Können und Lernerwerb in der Schule.

Ein wenig unterscheidet uns aber, dass Jahrzehnte der verschiedensten An­sätze gezeigt haben, dass das "tastende Versuchen" seine Schwierigkeiten hat und der Gedanke, die Kinder fortdauernd und folgerichtig eine Reihe von Kenntnissen erwerben zu lassen, nicht einfach umzusetzen ist. Das heißt, es müssen die Instrumente geschaffen werden, in denen sich die Didaktik nieder­schlägt: Die Lehrer können nicht, wenn sie abends die Vorbereitungen für den Unterricht am nächsten Tag treffen, alles neu erfinden. Jenseits der Freinet-Techniken muss den Lehrern geholfen werden, den Schülern eine zurückhaltende, aufbauende Hilfe zu sein.

Zusammenfassend würden wir sagen, dass La main à la pâte gutes Hand­werkszeug liefern möchte, das den Lehrern den Weg zu einer Pädagogik vom Typ Freinet öffnet und ebnet.

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Fußnoten

1: Geboren in bescheidenen Verhältnissen in Gars/Alpes Maritimes. Absolviert das Lehrerseminar in Nizza 1912–1915. Mobilisierung, Lungenschussverwun­dung 1917 (Chemin des Dames). Geprägt vom Krieg, fortan Pazifist. 1920 genesen und endlich (Dorfschul-) Lehrer. Beginn der "Freinet-Pädagogik" und der Lehrerkooperative. Publiziert in der Zeitschrift "École émancipée" ("Eman­zipierte Schule") und in anderen Lehrerzeitschriften. 1926 Heirat mit Élise Lagier-Bruno, Lehrerin und Künstlerin, Mitstreiterin für eine neue Schule. Beide von 1926 bis 1948 Mitglieder der Kommunistischen Partei. 1935, nach heftigen Attacken der radikalen politischen Rechten, verlassen beide den Staatsdienst und eröffnen eine Privatschule in Vence. Gründen parallel zur Volksfront eine "Kinderfront" mit Romain Rolland als Präsidenten. Während der Besatzung wird Freinet zunächst interniert, dann unter Polizeiaufsicht gestellt. Ab Juni 1943 Organisator im Untergrund (FTP) von Briançon. Ab Herbst 1944 organisieren Élise und er im Rahmen des Befreiungskommitees von Gap Hilfe für Kinder, die durch Krieg und Deportation zu Waisen wurden. Als regionaler Beauftragter für die "Säuberung" des Lehrerstandes ist Freinet ein milder Richter seiner Kolle­gen. Im Juli 1945 legt er die Arbeit im Befreiungskomittee nieder. Die Schule in Vence arbeitet wieder. 1949 ist der Film "L'École buissonière" ("Wenn man die Schule schwänzt") von J.P. Le Chanois nach einem Szenario von Élise Freinet ein großer Erfolg. Heute hat die Freinet-Pädagogik auch in Deutschland ihre Verbreitung. Die Wiesbadener, Freinet-pädagogisch geführte Helene-Lange-Schule erhielt höchstes Pisa-Lob. Zwischen Erziehungswissenschaften und Freinet-Praxis besteht bis heute ein ambivalentes Verhältnis, was auch daran liegen mag, dass die Freinet-Pädagogik sich die verschiedensten Ideen und Methoden eher "unkritisch", das heisst ohne wissenschaftliche Quellenangabe und Quellenkritik, aneignet (siehe auch de.wikipedia.org/wiki/Freinet-Pädago­gik). Gerade in Deutschland hat "radikale" Schulreform vor und neben Freinet eine lange Tradition. (Fußnote des Übersetzers.)

2: Siehe auch deutsche Sektion der FIMEM (Fédération Internationale des Mouvements de l'École Moderne – Internationale Föderation der Bewegungen der Modernen Schule. (Fußnote des Übersetzers).

Letzte Aktualisierung: 1.2.2018

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