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Homepage > Aktivitäten > Wissenschaft > Herangehensweise > Wissenschaftlich denken, kritisch denken > Klasse 1 bis 3 > 1: Beobachten > Theater der geometrischen Figuren

1.2: Das Theater der geometrischen Figuren

1 1.1: Katzengesichter 2 1.2: Das Theater der geometrischen Figuren 3 1.3: Regelmäßigkeiten entdecken 4 1.4: Vom Schätzen zum Messen
Autoren:
Publikation: 30.9.2017
Lernstufe: 2
Übersicht: Die Schüler machen sich Gedanken über den Unterschied zwischen Be­obachtung ("Was sieht man?") und Interpretation ("Wie kann man das, was man beobachtet, interpretieren?"). Wissenschaftler achten ganz besonders darauf, beides zu unterscheiden. Aber auch im Alltag ist die Unterschei­dung wichtig, wenn man nicht voreilige Schlüsse ziehen will.
Angestrebte Kenntnisse: Wissenschaftlich denken, kritisch denken: Vom Beobachten zum Inter­pre­tieren übergehen.
Für Anfänger: Den Unterschied zwischen Beobachtung und Interpretation erkennen.
Kompetenzen: Mit Unterstützung der Lehrerin forschendes Lernen be­trei­ben: Sich so ausdrücken, dass man gehört und verstanden wird; Texte verfassen und Merkmale ausmachen, die für verschiedene Textarten cha­rakteristisch sind.
Schwerpunkt: Sachunterricht, Deutsch
Dauer: 1 Stunde 30 Minuten
Material: Für die Klasse: Für jeden Schüler:
Herkunft: La main à la pâte, Paris

Aktivität: Beobachten und interpretieren

Ablauf: Die Schüler schauen sich alle gemeinsam einen kurzen Videofilm an. Anschließend beschreiben sie einige Standbilder des Films. In einem zweiten Schritt fordert die Lehrerin sie auf, zwischen rein beschreibender (deskriptiver) Beobachtung und Interpretation (bei der die Vorstellungskraft bemüht wird) zu unterscheiden.

Oft kommen beim Beschreiben die Intentionen, die Wünsche und die Emotionen der Schüler zum Vorschein; sie ordnen jeder geometrischen Figur eine charak­teristische Persönlichkeit zu (Phase 1). Sie lernen, welche (Teile) ihrer Texte rein beschreibend sind ("ich beschreibe, was ich sehe") und welche bereits eine Interpretation beinhalten ("ich sehe und stelle mir vor") (Phase 2). Die Vorschrift für den erneuten Beschreibungsversuch lautet: "Haltet euch daran, nur das zu beschreiben, was ihr seht." (Phase 3). Die Beschreibungen aller Schü­ler werden zusammengelegt und die Klasse diskutiert darüber, wie man die Unterscheidung zwischen Beschreiben und Interpretieren auf Alltagssituationen übertragen kann (Phase 4).

Botschaft zum Mitnehmen: Auch wenn wir alle das Gleiche beobachten, be­schreiben wir es nicht alle auf die gleiche Weise. Wir geben dem, was wir se­hen, nicht unbedingt den gleichen Sinn. Das liegt daran, dass wir beim Sehen gleichzeitig unsere Vorstellungskraft bemühen. Es ist wichtig zwischen Beob­achtung (man beschränkt sich auf das, was man sieht) und Interpretation (man interpretiert das, was man sieht) zu unterscheiden.

Vorbemerkungen:

Phase 1: Standbilder des Films beobachten und beschreiben (ca. 30 min)

Die Lehrerin zeigt der Klasse den kurzen Videofilm – eventuell mehrmals hinter­einander – und bittet die Schüler, einige Standbilder des Films zu beschreiben.

Die Klasse schaut sich den Videofilm an

Abb. 1: Die Klasse schaut sich den Videofilm an.

Screenshot des Heider-Simel-Video-Remakes

Abb. 2: Remake des Videofilms mit dem Heider-Simmel-Experiment
Quelle: Vimeo, Autorin: Maggie Oswald

Die Lehrerin verteilt das Arbeitsblatt 4 (Theater der geometrischen Figuren), das vier Standbilder aus dem Videofilm enthält. Sie erklärt die Aufgabe: Die Schüler sollen (allein oder in kleinen Gruppen) jedes dieser vier Standbilder mit einigen Sätzen beschreiben. Sobald sie fertig sind, sammelt die Lehrerin die Arbeitsblätter ein.

Pädagogische Anmerkungen

  • Jüngere Schüler beschreiben nur ein oder zwei Standbilder.
  • Für diese Aktivität ist das Arbeiten in Zweiergruppen ideal. Es zwingt die Schüler, sich mündlich auszutauschen und ihre jeweiligen Ideen für die Beschreibung zu begründen. Außerdem können sie sich beim Verfas­sen der Texte gegenseitig helfen.
  • Mit jüngeren Schülern, die noch nicht (gut) schreiben können, kann die Beschreibung der Standbilder mündlich erfolgen. Die Lehrerin übernimmt das Aufschreiben der Schülervorschläge.

Phase 2: Beschreibung oder Interpretation? Beobachtung oder Fanta­sie? (ca. 20 min)

Die Lehrerin wählt aus den eingesammelten Arbeitsblättern zwei aus: eins, das größtenteils objektive Beschreibungen enthält (mit keiner oder nur wenigen Interpretationen), und ein anderes, in denen die Beschreibungen einen erzäh­lerischen Stil haben. Oft werden den geometrischen Figuren menschliche Inten­tionen zugeordnet. Fast immer lassen sich die Arbeitsblätter in diese beiden Kategorien aufteilen.

Zwei ausgefüllte Arbeitsblätter

Abb. 3: Zwei ausgefüllte Arbeitsblätter (zum Vergrößern auf das Bild klicken)

Die Lehrerin liest der Klasse die Texte der beiden Arbeitsblätter vor. Sie kann die Schüler bitten, sich zu den Unterschieden zu äußern. Oder sie macht die Schüler sofort auf die Unterschiede aufmerksam: In dem einen Arbeitsblatt wird etwas beschrieben, in dem anderen wird interpretiert.

Die Schüler beginnen zu diskutieren. Wenn man sich die Figuren anschaut, ist man sofort versucht, sich eine Geschichte auszudenken. Man möchte den drei geometrischen Figuren Emotionen und Absichten zuschreiben. Diese werden im Allgemeinen durch Verben ausgedrückt: verfolgen, entkommen, ärgern, zerstö­ren usw.

Dabei heißt "eine Beobachtung machen" einfach nur, dass man etwas so neu­tral wie möglich beschreibt. Auf keinen Fall sollte man beschreiben, was man zu sehen glaubt. Übertragen auf unser Beispiel bedeutet dies: Man beschreibt die geometrischen Formen, ihre Positionen und ihre Bewegungen.

Eventuell kann die Lehrerin noch weitere Arbeitsblätter auswerten und diese auf zwei Stapel verteilen: einen für "eher Beschreibungstexte" und einen für "eher Interpretationstexte". Die Zuordnung ist nicht immer eindeutig, da viele Texte beides, Beschreibung und Interpretation, enthalten. Mischformen kom­men auf einen dritten Stapel.

Phase 3: Sich darauf beschränken, zu beschreiben, was man sieht (ca. 20 min)

Diesmal sollen die Schüler rein deskriptive Beobachtungen machen und der Versuchung widerstehen, das Beobachtete zu interpretieren. Die Lehrerin verteilt ein weiteres Exemplar des Arbeitsblattes 4. Wieder beschreiben die Schüler, einzeln oder in kleinen Gruppen, vier Standbilder des Films – so des­kriptiv und objektiv wie möglich. Die Lehrerin fordert sie auf, einen möglichst präzisen Wortschatz zu verwenden. Die Schüler müssen u. a. die Begriffe für die geometrischen Formen kennen – eine Gelegenheit, ein paar Mathematik­kenntnisse aufzufrischen.

Geometrische Formen

Abb. 4: Geometrische Formen

Pädagogische Anmerkungen

  • Die Schüler, die bereits in der Phase 2 sehr deskriptive Texte geschrie­ben haben, sollen sich noch mehr von dem, was sie sehen, loslösen (im Allgemeinen gelingt das im ersten Versuch nicht ganz).
  • Die Schüler sollten zunächst das erste Standbild beschreiben. Die Texte werden dann mit der ganzen Klasse besprochen, bevor die nächsten Standbilder beschrieben werden.
  • Wie schon in der Phase 1 kann diese Aufgabe mündlich oder schriftlich bearbeitet werden.

Beispiel einer korrekten Beschreibung: "In dem dritten Standbild sieht man geometrische Figuren: ein Rechteck, eine Kreisscheibe und zwei Dreiecke, ein kleineres und ein größeres. Das Rechteck befindet sich rechts, es ist größer als die anderen geometrischen Figuren. Das große Dreieck befindet sich im Rechteck, die Kreisscheibe und das kleine Dreieck außerhalb."

Das erneut ausgefüllte Arbeitsblatt

Abb. 5: Arbeitsblatt 4 – erneut ausgefüllt

Zusammenfassung

Die Lehrerin bittet die Schüler, in ihren eigenen Worten zusammenzufassen, was sie bei dieser Übung gelernt haben. Sie ergänzt: In manchen Situationen wird von einem verlangt, dass man etwas präzise und objektiv beschreibt. In anderen Situationen dagegen kann man seiner Fantasie freien Lauf lassen und anhand eines Bildes eine Geschichte erfinden.

Die eine Textform ist nicht "besser" als die andere, man sollte sie aber unter­scheiden können und in den entsprechenden Situationen passend verwenden. Die Lehrerin kann auch feststellen, dass der Wortschatz von "reinen" Beschrei­bungstexten (normierter und damit) weniger reichhaltig ist als derjenige von erzählerischen Texten (in denen meistens mehr Verben vorkommen).

In der Wissenschaft ist es sehr wichtig, zwischen Beobachten und Interpretie­ren zu unterscheiden: Nur so kann man die Fakten erkennen. Aber auch bei einer (Zeugen-)Aussage zum Beispiel, oder wenn man versucht sich mit ande­ren Leuten über die Organisation einer Veranstaltung einig zu werden, ist es wichtig, sich mit seiner eigenen Interpretation der Dinge, mit seinen eigenen Ansichten (darüber, was passiert ist) zurückzuhalten.

Die Lehrerin fragt die Klasse, ob sie Verbindungen sehen zwischen dieser Unterscheidung Beobachtung/Interpretation und Situationen in ihrem Alltag. Beispiele: "Manchmal sieht man jemanden auf dem Schulhof, wie er eine Geste macht, oder einen ansieht, und man meint, er will uns etwas Bestimm­tes sagen; das ist aber nicht der Fall."; "Manchmal sieht man jemanden rennen, und man denkt, er würde vor jemandem wegrennen, aber vielleicht ist er einfach nur spät dran oder er will noch den Bus kriegen."; "Einmal habe ich es knallen gehört, das hat mir Angst gemacht, aber es war nur ein Feuer­werk."; "Die Lehrerin irrt sich manchmal, wenn sie Hofaufsicht hat: Sie denkt, wir würden uns schlagen, dabei spielen wir nur."; "Ein Kind ist an einem ande­ren Kind vorbeigelaufen, das andere Kind ist hingefallen und alle haben ge­dacht, dass das erste Kind es geschubst hat, aber keiner hat das Schubsen gesehen."

Mögliche Erweiterung

Genaue Anweisungen

Die Schüler sollen die Standbilder wieder genau beobachten und ihre Beobach­tungen anschließend präzise formulieren. Die Lehrerin ermuntert die Schüler, bei ihren Beobachtungen noch genauer und strenger zu sein. Sie erwähnt, dass man zum Beispiel Messinstrumente zur Hilfe nehmen kann, mit denen man die Positionen der verschiedenen Figuren im Standbild sehr genau bestim­men kann.

Jede Schülergruppe bekommt erneut das Arbeitsblatt 4. Die Standbilder (oder auch nur eins) werden wieder genau beschrieben, diesmal mit Maßen und Anhaltspunkten. Die Herausforderung lautet: Eine andere Schülergruppe soll das Bild allein anhand der Beschreibung exakt reproduzieren können.

Die Schülergruppen tauschen ihre Beschreibungen untereinander aus (nicht die Standbilder!) und zeichnen anhand der fremden Beschreibung ein Bild. Anschließend werden die Zeichnungen mit den Originalbildern verglichen. Die Schüler diskutieren daraufhin, wie wichtig (und wie schwierig) es ist, genaue Hinweise zu geben, die einem anderen erlauben, etwas exakt zu reproduzieren. In den Naturwissenschaften spielt das eine große Rolle: Man möchte, dass ein anderer Wissenschaftler (oder man selbst) ein Experiment exakt reproduzieren kann.

Im Theater

Diesmal geht es um die umgekehrte Aufgabe: Anhand der Standbilder des Arbeitsblattes 4 sollen die Schüler (in kleinen Gruppen) eine Geschichte erfin­den. Alle Geschichten zusammen bilden dann vielleicht die Grundlage für ein Theaterstück oder ein Kunstwerk.

Evaluation

In dem Evaluationsbogen 2 (Erklären, um verstanden zu werden) müssen die Schüler etwas beschreiben, ohne das "verbotene Wort" zu benutzen. Das zwingt sie dazu, in ihrer Beschreibung einen sehr präzisen Wortschatz zu verwenden.

Letzte Aktualisierung: 9.4.2018

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